Key Facts
- Bereitschaftszeit bezeichnet die Zeitspanne, in der Arbeitnehmer außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen müssen, um bei Bedarf ihre Tätigkeit sofort aufnehmen zu können.
- Ob Bereitschaftszeit als Arbeitszeit zählt, hängt davon ab, wie stark die Freizeit des Arbeitnehmers durch die Anforderung zur ständigen Einsatzbereitschaft eingeschränkt wird.
- Die Bereitschaftszeit muss nicht in gleicher Höhe vergütet werden wie „normale“ Arbeitszeit. Allerdings darf die Vergütung den gesetzlichen Mindestlohn nicht unterschreiten.
Was ist Bereitschaftszeit?

Inhalt
Bereitschaftszeit ist eine Zeitspanne, in der sich Arbeitnehmer außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit für den Arbeitgeber bereithalten müssen, um auf Abruf ihre Tätigkeit aufzunehmen.
Es gibt verschiedene Formen der Bereitschaft, die sich in ihrer Intensität und damit in ihrer rechtlichen Einordnung unterscheiden – die gängigsten sind:
- Bereitschaftsdienst: Der Arbeitnehmer muss sich an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort (z.B. im Betrieb) aufhalten und ist verpflichtet, bei Bedarf sofort die Arbeit aufzunehmen. Beispiele sind Ärzte in Kliniken oder Feuerwehrleute auf der Wache.
- Rufbereitschaft: Der Arbeitnehmer kann seinen Aufenthaltsort frei wählen (z.B. zu Hause), muss aber für den Arbeitgeber erreichbar sein und die Arbeit bei Bedarf innerhalb eines bestimmten Zeitraumes aufnehmen. Die persönliche Freiheit ist hier am wenigsten eingeschränkt.
Die Arbeitsbereitschaft verläuft während der Arbeitszeit. Der Mitarbeiter wartet in der Regel an seinem Arbeitsplatz und muss sich bereithalten, seine Arbeit innerhalb kürzester Zeit aufzunehmen, wie z. B. ein Taxifahrer.
Rechtliche Einordnung: Ist Bereitschaftszeit Arbeitszeit?
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) bildet die nationale Rechtsgrundlage für Arbeitszeiten in Deutschland. Was genau als Arbeitszeit gilt, definiert § 2 Absatz 1 ArbZG:
Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen;
Nach dieser Definition schließt das Arbeitszeitgesetz grundsätzlich auch Bereitschaftszeit mit ein – sie ist dementsprechend entweder als Arbeitszeit oder als Ruhezeit einzuordnen. Allerdings erwähnt § 2 ABsatz 1 ArbzGZ die Bereitschaftszeit nicht namentlich und auch zur Rufbereitschaft oder zum Bereitschaftsdienst nimmt das Arbeitszeitgesetz nicht explizit Bezug.
Maßgeblich ist daher die Rechtsprechung und Auslegung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Nach dem EuGH gilt die Bereitschaftszeit als Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort anwesend sein und schnell reagieren muss.
Die Begründung des EuGH ist, dass der Arbeitnehmer während dieser Zeit dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine persönlichen und sozialen Aktivitäten nicht frei gestalten kann. Auch wenn keine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wird, ist die Einschränkung der Freiheit und die potenzielle Notwendigkeit, sofort einzugreifen, ausschlaggebend.
Nach der Rechtsprechung des EuGH zählt die Bereitschaftszeit in Form des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit, während die Rufbereitschaft nicht als Arbeitszeit gilt.
Vergütungspflicht der Bereitschaftszeit
Auch wenn Bereitschaftszeit unter Umständen mit bezahlter Arbeitszeit gleichzusetzen ist, bedeutet das für den Arbeitgeber nicht, dass er zu einer gleichen Vergütung verpflichtet ist.
Einzelvertraglich können die Vertragsparteien bestimmen, dass die Vergütung der Bereitschaftszeit geringer ist als die der „normalen” Arbeitszeit.
Dabei ergeben sich folgende Unterschiede hinsichtlich Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft:
- Bereitschaftsdienst: Für die Vergütung von Bereitschaftsdienst bei Unternehmen mit geltenden Tarifverträgen legt man in der Regel den sogenannten Heranziehungsanteil – das bedeutet den Anteil der Vollarbeit – zugrunde. Liegt der Heranziehungsanteil eines Mitarbeitenden bei etwa 45 Prozent, erhält er nur 45 Prozent seiner regulären Stundenvergütung.
- Rufbereitschaft: In diesem Fall ist es möglich, Arbeitnehmern nur die tatsächlich geleistete Arbeitszeit zu vergüten und nicht die Bereitschaft – das heißt, kommt es zu keinem Arbeitseinsatz, erhalten sie keine Vergütung.
Nach dem Urteil des BAG darf die Vergütung der Bereitschaftszeit den gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 12,82 Euro pro Stunde (ab 2025) allerdings nicht unterschreiten (Aktenzeichen 5 AZR 1101/12).
Bereitschaftszeit als LKW-Fahrer
Die Bereitschaftszeit als LKW-Fahrer umfasst die Zeitspanne, in welcher der Fahrer seine Tätigkeit nicht ausübt, aber verfügbar sein muss, um auf Anweisungen reagieren zu können. Typische Beispiele sind:
- Wartezeiten beim Grenzübertritt
- Wartezeiten infolge von Fahrverboten
- Warten auf das Be- und Entladen
- Mitfahrt als Beifahrer
Grundsätzlich zählt die Bereitschaftszeit für LKW-Fahrer nicht als Arbeitszeit gemäß § 21a Absatz 3 ArbZG – vorausgesetzt die voraussichtliche Dauer der Bereitschaft ist dem Fahrer im Vorhinein oder unmittelbar vor Beginn des Zeitraums bekannt.
Sie gilt in der Regel allerdings auch nicht als Ruhepause. Der Fahrer des LKW kann die Bereitschaftszeit nur als Pause werten, wenn er sich die Zeit frei einteilen kann und keine Arbeitsleistung erbringen muss. Ein Beispiel dafür wäre, wenn er an einer Entladestelle wartet, aber nicht aktiv mithelfen oder den LKW bewegen muss, sondern schlafen, lesen oder entspannen kann.
Ebenso stellt die Bereitschaftszeit keine Lenkzeitunterbrechung dar, es sei denn, er muss in dieser Zeit keine Arbeitsleistung erbringen und kann auch hier frei über seine Zeit verfügen.
Für seine Bereitschaftszeit erhält der Lkw-Fahrer mindestens eine Bezahlung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohnes.
Bereitschaftszeit im öffentlichen Dienst
Die Definition der Bereitschaftszeit für Beamte und Tarifgebundene im Öffentlichen Dienst regelt § 9 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) bzw. § 9 des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).
Als Bereitschaftszeiten gelten demnach die Zeiten, in denen sich Arbeitnehmer am Arbeitsplatz oder einer anderen vom Arbeitgeber bestimmten Stelle zur Verfügung halten müssen, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen und in denen die Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen.
Außerdem gelten für Beschäftigte im öffentlichen Dienst, bei denen regelmäßig und nicht im unerheblichen Umfang Bereitschaftszeiten anfallen, grundsätzlich folgende Regelungen:
- Bereitschaftszeiten werden zur Hälfte als Arbeitszeit gewertet (faktorisiert).
- Anders als beim Bereitschaftsdienst müssen Bereitschaftszeiten im Zeitraum von Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit nicht gesondert ausgewiesen werden.
- Die Summe aus den faktorisierten Bereitschaftszeiten und der Vollarbeitszeit darf die Arbeitszeit nach § 6 Absatz 1 nicht überschreiten.
- Die Summe aus Vollarbeit- und Bereitschaftszeit darf durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich nicht überschreiten.
Darüber hinaus ist Voraussetzung, dass eine nicht nur vorübergehend angelegte Organisationsmaßnahme besteht, bei der regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang Bereitschaftszeiten anfallen.
Die Regelungen des § 6 TVöD finden entsprechend Anwendung für die Bereitschaftszeit im Rettungsdienst, sofern der Arbeitgeber dem Geltungsbereich des TVöD unterliegt.
FAQ: Zählt Bereitschaftszeit zur Arbeitszeit?
Bereitschaftszeit ist keine Arbeitszeit gemäß dem Urteil des EuGH (AZ C-580/19), wenn es sich um Rufbereitschaft handelt, der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort frei wählen kann und nicht erheblich in seiner Freizeitgestaltung eingeschränkt ist. Mehr dazu hier.
Grundsätzlich zählt die Bereitschaftszeit nicht zur Arbeitszeit – und damit auch nicht zur Schichtzeit -, es sei denn, der Arbeitnehmer muss sich an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufhalten, wodurch seine Freizeitgestaltung erheblich eingeschränkt ist.
Die Bereitschaftszeit im Fahrtenschreiber ist die Zeit, in der ein Fahrer zwar nicht aktiv fährt, aber sich in der Nähe des Fahrzeugs aufhalten muss, um im Bedarfsfall die Fahrt fortzusetzen – z. B. bei einer doppelten Fahrerbesetzung im LKW. Mehr dazu lesen Sie in diesem Abschnitt.
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