Alle Jahre wieder stellt sich in deutschen Büros und Betrieben dieselbe Frage: Müssen Arbeitnehmer an Heiligabend und Silvester einen Urlaubstag opfern? Reicht ein halber Tag? Oder haben Sie womöglich automatisch frei?
Keine halben Urlaubstage im Gesetz vorgesehen
Weder Heiligabend noch Silvester sind in Deutschland gesetzliche Feiertage. Rein rechtlich betrachtet handelt es sich um ganz normale Werktage, an denen die volle Arbeitspflicht besteht.
Anders als am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag (25. und 26. Dezember) oder an Neujahr (01. Januar), an denen die Arbeit ruht, müssen Beschäftigte am 24. und 31. Dezember regulär am Arbeitsplatz erscheinen, sofern diese Tage nicht auf ein Wochenende fallen.
Wer an diesen Tagen zu Hause bleiben möchte, um den Tannenbaum zu schmücken oder sich auf die Silvesterparty vorzubereiten, muss grundsätzlich Urlaub beantragen. Hierbei lauert die Falle: Das Bundesurlaubsgesetz kennt prinzipiell keinen „halben Urlaubstag“. Wer Heiligabend und Silvester frei haben will, muss nach der reinen Gesetzeslage also einen vollen Urlaubstag einreichen.
Übersicht: Wie zählt Heiligabend und Silvester als Urlaubstag?
Die Rettung: Tarifverträge und „Betriebliche Übung“
Die gute Nachricht ist jedoch, dass die Praxis in vielen Unternehmen arbeitnehmerfreundlicher aussieht. In zahlreichen Branchen greifen Tarifverträge (z. B. im Bankgewerbe oder im öffentlichen Dienst), die festlegen, dass an diesen Tagen arbeitsfrei ist oder dass an Heiligabend und Silvester ein halber Urlaubstag angerechnet wird.
Auch Betriebsvereinbarungen, die zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ausgehandelt wurden, enthalten oft entsprechende Klauseln zugunsten der Belegschaft. Ein besonders spannender Aspekt für Arbeitnehmer ohne Tarifbindung ist die sogenannte „betriebliche Übung“. Ein Rechtsanspruch kann entstehen, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern an Heiligabend oder Silvester
- in drei aufeinanderfolgenden Jahren
- vorbehaltlos frei gegeben oder nur einen halben Urlaubstag berechnet hat
Der Arbeitgeber kann diese Vergünstigung dann nicht mehr einseitig streichen, es sei denn, er hat sich die Freiwilligkeit jedes Jahr ausdrücklich vorbehalten.
Wer unsicher ist, ob er an Heiligabend und Silvester einen ganzen Urlaubstag nehmen muss, oder doch nur einen halben, sollte nicht auf das Gewohnheitsrecht vertrauen, sondern einen Blick in den Arbeitsvertrag oder den geltenden Tarifvertrag werfen. Gibt es dort keine Sonderregelung, gilt im Zweifel: Wer den ganzen Tag zu Hause bleiben möchte, muss auch einen ganzen Urlaubstag investieren. Arbeitgebern steht es jedoch frei, aus Kulanz die Büros früher zu schließen.
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