Das Bundesarbeitsgericht entschied in seinem Urteil vom 3. Juni 2025 (Az. 9 AZR 104/24), dass ein Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub seitens des Arbeitnehmers nicht zulässig ist – auch nicht im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs.
Ist ein Verzicht auf den Mindesturlaub möglich?

Im verhandelten Fall stritten ein ehemaliger Betriebsleiter und seine frühere Arbeitgeberin über die Abgeltung von sieben Urlaubstagen aus dem Jahr 2023. Der Kläger war im gesamten Jahr 2023 krankheitsbedingt arbeitsunfähig und konnte seinen Urlaub daher nicht nehmen.
Im März 2023 einigten sich die Parteien in einem gerichtlichen Vergleich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung von 10.000 Euro. In einer Klausel des Vergleichs wurde festgehalten, dass „Urlaubsansprüche in natura gewährt“ seien.
Die Anwältin des Klägers hatte jedoch bereits im Vorfeld darauf hingewiesen, dass ein Verzicht auf gesetzlichen Mindesturlaub rechtlich unzulässig ist. Dennoch stimmte der Kläger dem Vergleich zu, um eine Gesamteinigung zu erzielen.
Da der Kläger auch im April 2023 weiterhin krank war, konnte er seinen Urlaub nicht nehmen und verlangte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die finanzielle Abgeltung der verbleibenden Urlaubstage. Die Vorinstanzen gaben ihm Recht – ebenso wie nun das BAG, das die Revision der Arbeitgeberin zurückwies.
Das BAG entscheidet: Der Verzicht ist unzulässig
Das BAG stellte klar, dass nach § 7 Abs. 4 BUrlG ein Anspruch auf eine finanzielle Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs besteht, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann.
Die entsprechende Regelung im gerichtlichen Vergleich sei gemäß § 134 BGB daher nichtig, weil sie gegen ein gesetzliches Verbot verstoße.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
Nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG darf von den Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes vertraglich nicht zuungunsten des Arbeitnehmers aufgrund seines Schutzzweckes abgewichen werden. Ein Verzicht auf den Mindesturlaub oder dessen Abgeltung während eines laufenden Arbeitsverhältnisses ist damit ausgeschlossen.
Das BAG betonte, dass dies auch nach europäischem Recht nicht zulässig ist.
- Nach Art. 7 Abs. 2 der EU-Arbeitszeitrichtlinie darf bezahlter Mindesturlaub nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.
- Der Einwand der Arbeitgeberin, der Kläger habe sich widersprüchlich verhalten und könne sich daher nicht auf die Unwirksamkeit der Regelung berufen, überzeugte das Gericht nicht.
- Die Arbeitgeberin habe nicht auf die Wirksamkeit einer offensichtlich rechtswidrigen Regelung vertrauen dürfen.
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