Kurz und knapp: Scheinselbständigkeit
Um Scheinselbständigkeit handelt es sich, wenn die Arbeit einer Person den Eindruck der Selbständigkeit erweckt, obwohl es sich eigentlich um ein Arbeitsverhältnis handelt.
Eine Scheinselbständigkeit kann eine Abhängigkeit schaffen, in der ein Selbständiger in einem quasi festen Arbeitsverhältnis zum Auftraggeber steht, ohne wirklich fest angestellt zu sein. Wird eine Scheinselbständigkeit festgestellt, müssen Renten- und Sozialversicherungsbeiträge nachgezahlt werden, denn bei festen Anstellungen besteht unter anderem Sozialversicherungspflicht.
In der Regel können Sie Scheinselbständigkeit beziehungsweise einen entsprechenden Verdacht auf illegale Beschäftigung beim Zoll melden.
Zur Prüfung einer Scheinselbständigkeit sind verschiedene Behörden bemächtigt: Das Finanzamt, der Zoll sowie die Renten-, Kranken- und Sozialversicherung. Hier können Sie mehr erfahren.
Inhalt
Scheinselbständigkeit erklärt: Definition und Merkmale
Selbständigkeit, die eigentlich keine ist: So könnte man den Begriff der Scheinselbständigkeit kurz zusammen fassen. Per Definition bezeichnet Scheinselbständigkeit also genauer gesagt eine Arbeitssituation, in der ein Selbständiger in einer Art und Häufigkeit für einen einzelnen Auftraggeber arbeitet, dass es sich theoretisch auch um einen fest angestellten Mitarbeiter handeln könnte.
In welchem Verhältnis ein Auftraggeber und ein Auftragnehmer zueinander stehen, hat eine große rechtliche Bedeutung in gleich mehreren Gebieten:
- Arbeitsrecht: Je nach Art des Arbeitsverhältnis ergeben sich unterschiedliche Rechte und Pflichten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
- Sozialrecht: Die Art des Arbeitsverhältnisses hat Einfluss auf die Absicherung sogenannter sozialer Risiken wie zum Beispiel Krankheit.
- Sozialversicherungsrecht: Je nach Art der Beschäftigung kann der Arbeitgeber entweder zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet sein oder aber keine Beiträge zahlen.
- Steuerrecht: Eine Arbeitsbeziehung beeinflusst Steuerfragen, insbesondere bei der Lohnsteuer.
Eine Scheinselbständigkeit hat also massive Auswirkungen auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein Arbeitgeber hat einem fest Angestellten gegenüber mehr Pflichten und auch Kosten als gegenüber einem Selbständigen, beispielsweise durch die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge.
Scheinselbständigkeit: Ab wann liegt sie vor?
Für eine Scheinselbständigkeit müssen mehrere Kriterien erfüllt sein, die den Eindruck erwecken, dass die Arbeit den Charakter einer Anstellung hat. Es spricht also alles für das Vorliegen einer Scheinselbständigkeit, was normalerweise in einem Anstellungsverhältnis vorkommt und bei einer Selbständigkeit fehlt, zum Beispiel:
- Bei Krankheit wird das Arbeitsentgelt weitergezahlt: Selbständige erhalten von ihrem Auftraggeber in aller Regel keine Entgeltfortzahlung.
- Das Honorar entspricht dem Arbeitsentgelt der fest angestellten Mitarbeiter.
- Ein Großteil der eigenen Einnahmen stammt vom selben Auftraggeber bzw. nahezu alle Aufträge werden an den selben Auftragnehmer erteilt.
- Feste Arbeitszeiten, die denen der fest angestellten Mitarbeiter gleichen.
- Feste Integration in interne Prozesse: Zum Beispiel die regelmäßige Teilnahme an internen Besprechungen.
- Hohe Weisungsgebundenheit: Der Auftraggeber gibt dem Auftragnehmer Anweisungen, die über das fachlich notwendige Maß hinausgehen.
- Regelmäßige oder sogar dauerhafte Arbeit in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers, zum Beispiel im Büro.
- Zeiten des Urlaubs werden mit anderen Arbeitnehmern und dem Unternehmen abgesprochen.
Scheinselbständigkeit einfach per Checkliste festzustellen funktioniert allerdings eher selten. Es kommt vielmehr auf den Einzelfall und die Umstände der Beschäftigung an.
Je mehr Kriterien einer abhängigen Beschäftigung erfüllt sind, desto höher ist allerdings die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um Scheinselbständigkeit handelt.
Selbständigkeit zeichnet sich im Gegenzug dadurch aus, dass bei ihr Merkmale einer abhängigen Beschäftigung fehlen: Ein Selbständiger hat in der Regel mehrere Auftraggeber und ist nicht weisungsgebunden. Er teilt sich Arbeitszeit und -schritte selbst ein. Ein Selbständiger kann außerdem selbst über die Einstellung von Personal entscheiden und stellt dem Auftraggeber Rechnungen für die erbrachte Leistung aus.
Steht Scheinselbständigkeit unter Strafe?
Scheinselbständigkeit kann Folgen sowohl für Auftraggeber als auch Auftragnehmer haben: Da eine solche Art der Beschäftigung in Deutschland nicht erlaubt ist, drohen bei nachgewiesener Scheinselbständigkeit hohe Geld- oder sogar Freiheitsstrafen. Die Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung müssen nachgezahlt werden; und das rückwirkend für bis zu 20 Jahre.
Die Prüfung auf Vorliegen einer Scheinselbständigkeit kann von verschiedenen Stellen wie der Krankenkasse oder dem Finanzamt angeregt werden, falls sie in ihren Unterlagen entsprechende Anzeichen finden. Es ist jedoch auch möglich, dem Zoll oder der Rentenversicherung eine mögliche Scheinselbständigkeit zu melden. Eine solche Prüfung wird auch Feststellungsverfahren genannt.
Im Sozialgesetzbuch findet sich der entsprechende Abschnitt in § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV:
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet.
Wie kann ich Scheinselbständigkeit vermeiden?
Zur Vermeidung von Scheinselbständigkeit kommt oft die sogenannte 5/6-Regelung zur Anwendung: Ein Auftragnehmer sollte nicht mehr als 5/6 seines gesamten Umsatzes mit demselben Auftraggeber erwirtschaften. Als alleiniges Kriterium für oder gegen eine Scheinselbständigkeit reicht das allerdings nicht aus. Das Arbeitsverhältnis muss sich insgesamt so gestalten, dass mehr Kriterien für eine Selbständigkeit als für eine de facto angestellte Tätigkeit vorliegen.
Scheinselbständigkeit lässt sich umgehen, indem in allen Belangen des Beschäftigungsverhältnisses Klarheit darüber besteht, welche Punkte für Selbständigkeit und welche für Anstellung sprechen und das vertragliche Arbeitsverhältnis entsprechend gestaltet wird. Wer also eigentlich fest für ein Unternehmen arbeitet, sollte auch einen entsprechenden Vertrag haben.
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